Dienstag, 17. September 2019

Du siehst nur mit dem Herzen gut.....

Ich kann auch mit meinen Händen sehen. Konnte ich schon immer, nur glaubte mir damals keiner. Niemand verstand, das es genau so wichtig ist mit den Händen zu sehen, nicht nur mit den Augen.
Heute beherrsche ich zwei Sichtweisen. Über den Tastsinn zum Herzen, das versetzt mir immer einen Stich. Ein Stechen so tief direkt in die tiefsten Regionen meines Herzen. Es tat weh aber ich konnte es mir nicht aussuchen. Die zweite Möglichkeit ist die über den Tastsinn direkt ins Hirn. Davon wird mir manchmal schwindelig und manchmal muss ich davon kotzen weil vieles ungefiltert in mein Großhirn rauscht. Diese gewaltigen Farben die entstehen wenn ich alte Gemälde berühre ist unglaublich. Bei Statuen kann ich den Staub und den Schweiß der Bildhauer riechen. Ihr denkt jetzt vielleicht "Was für eine Gabe!" Ich sage euch, es ist eher ein Fluch als eine Gabe. Wenn ich Handschuhe trage ist die Übertragung nicht so heftig und gewaltig aber die Hoffnung die ich hatte, behandschuht, nicht's zu spüren, zu empfinden, war vergebens. Ich muß Berührungen vermeiden oder ich setze mich dieser Qual aus. Mit der Zeit habe ich mir immer mehr abgewöhnt etwas zu berühren, Vermeidung, führte mich zur Gefühlskälte. Wenn ich einen Menschen berührte empfand ich sofort alle Kälte und Liebe zu gleich. Angst, Sorgen, Bedenken, Lust, Liebe, Begehren alles strömte auf mich ein. Ich kann mich entsinnen, das ich auch des öfteren in Ohnmacht fiel. Viele Stunden später erwachte ich erst. Menschen miden mich, weil sie Angst hatten, vor mir! Was diese Menschen nicht verstanden, ich mid sie auch. Ich hatte nicht das Bedürfnis alles über jemanden in einer einzigen Berührung brühwarm in's Hirn gespeist zu bekommen. So zog es mich in die Einsamkeit und hielt mir die Menschen, alle Menschen auf Abstand. Ich machte mir nicht die Mühe es zu lernen, besser damit umgehen zu können, diese Gabe; hätte ich gerne verschenkt aber das lag nicht in meinen Händen. Aber ist es nicht immer einfacher, Dingen aus dem Weg zu gehen als sich ihnen zu stellen! Heute weiß ich, das ich mir damit viel verbaute. Eine Entwicklung, eine Möglichkeit diese Fähigkeiten neu zu entdecken kam aber schneller als gedacht. Ich wurde krank und hatte einen schlimmen Infekt. Ganz nebenbei verlor ich mein Augenlicht. Ich war von ;Heut; auf ;Morgen; blind für die Welt. Ich war nach Monaten der 'Anderen Qual' wie ich diesen Infekt nannte, immer noch völlig entsetzt, warum fickt mich dieses verfluchte Leben immer doppelt und dreifach. Nach Selbstverzweiflung und 'mich selbst zu Bedauern' weil kein Anderer es tat, erkannte ich, das ich jetzt keine Wahl hatte. Ich lernte also wieder mit den Nebenwirkungen meiner Gabe klarzukommen. Ohne Augenlicht brauche ich meinen Tastsinn und so taste ich mich heute durch meine Welt. Der Tastsinn ist noch intensiver geworden und somit meine Bilder im Kopf genauer und schärfer als je zuvor. Es stellte sich kurze Zeit, für mich heraus, das die Schmerzen und die Ohnmacht daher kamen, das der Tastsinn, bei mir nicht ausgeprägt war. Warum auch, ich hatte ja Augen. Jetzt ist es als wäre der Empfänger, also ich, besser, klarer eingestellt. Als wäre das Rauschen und Dröhnen weg und ich kann die Bilder besser empfangen. Meine Antenne, bildlich beschrieben, ist jetzt besser ausgerichtet und somit kann ich mit dem Empfangenen besser umgehen. Ich vermisse mein Sehen nur selten, denn jede Berührung verschaft mir soviel Bilder das ich mit den Augen anderer Menschen sehe. Manchmal muss man was Wichtiges verlieren um was Wichtiges zu bekommen. Einsamkeit ist mir heute fremd und vor einem Blinden der alles ertastet und dann was sieht scheind magischer als abstoßend. Diese Erkenntniss verbuche ich unter 'Irsinn des Menschen' und 'Wahnsinn des Lebens'.

Gruß euer Marko Leopold

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